Empfehlenswerte Bücher

Ryad Assani-Razaki: Iman

Die Geschichte um das Leben von Toumani, seinem geliebten und bewunderten Freund Iman und Alissa, die er als Haussklave kennenlernt und der er später wieder begegnet, hat mich gefesselt wie kaum ein anderes Buch.

Toumani wird von seinen Eltern als kleiner Junge in die Stadt verkauft. Dem brutalen und gewalttätigen Besitzer, an den ihn die Menschenhändlerin weiterverkauft, ist er vollkommen ausgeliefert. Eines Tages wirft dieser Toumani in einen Kanalschacht, wo er von Iman, einem Straßenkind, gefunden wird. Iman hat in seinem Leben nur ein Ziel: Sein Glück in Europa zu finden. Als Sohn eines französischen Vaters und einer afrikanische Mutter, die ihn verstoßen hat, steckt er all seine Hoffnung und Sehnsucht in den Plan, sein Heimatland – man kann davon ausgehen, dass es sich um Benin handelt – zu verlassen.

Unerbittlich in seiner sprachlichen Klarheit erzählt der aus dem Benin stammende Ryad Assani-Razakis in seinem Debütroman von den drei Jugendlichen und ihren dramatischen Verstrickungen. Es ist die Geschichte von Straßenkindern, von ungenutzten Chancen, Liebe und Hass, von Gewalt und verlorener Hoffnung.

Die Entwicklung der Protagonisten bis hin zur Besessenheit hat mich derart gepackt, dass ich das Buch bis zum Morgengrauen nicht aus der Hand legen konnte.

 

Paul Rusesabagina: Ein gewöhnlicher Mensch

Ruanda, das Land der tausend Hügel, oder auf französisch: „Pays de Mille Collines“, wird auch die Schweiz Afrikas genannt. Im Jahr 1994 fand in diesem Land ein grausamer Völkermord statt. Paul Rusesabagina, selber Hutu und mit einer Tutsi verheiratet, rettete als Direktor des Hotel „Mille Collines“ über 1200 Tutsi und moderaten Hutu das Leben. In seinem Buch „Ein gewöhnlicher Mensch“ erklärt er, wie es geschichtlich und politisch soweit kommen konnte. Er beschreibt die Schrecken des Genozids und wie er mithilfe von Diplomatie und Alkohol für die Milizionäre die Flüchtlinge in seinem Hotel schützen konnte.

Mittlerweile werfen Kritiker Paul Rusesabagina vor, er habe Profit aus dem Elend geschlagen, indem er Geld und Eigentum von den Flüchtlingen verlangte. Dass Geld geflossen ist, streitet er nicht ab, denn die Kosten waren kaum zu decken. Zudem berichten Flüchtlinge, dass sie in dem Hotel Asyl fanden, obgleich sie mittellos waren.

Paul Rusesabaginas Befürworter erklären die Vorwürfe damit, dass Paul Kagame, der Präsident Ruandas, rigoros mit Kritikern und Oppositionellen in seinem Land umgeht, sie entfernen lässt, Medien zensiert, Zeitungen verbietet. Und Kritik an der Ruandischen Regierung hat Paul Rusesabagina geäußert. Nun schaut der Westen erneut weg, denn wirtschaftlich ist das Land auf bestem Wege und das ist, was interessiert.

Paul Rusesabagina schreibt eloquent, das Buch liest sich flüssig. Er schildert die Schrecken und den damaligen Ausnahmezustand seines Landes aus allernächster Nähe. Es ist schockierend, zu welchen Gewaltakten Menschen in der Lage sind und erschreckend, dass die Weltgemeinschaft, der Verbrechen wohl wissend, wegschaute.

Ein gewöhnlicher Mensch“ ist ein Buch, das man so schnell nicht vergisst. 

David Mitchell: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Jacob de Zoet beginnt im Jahr 1799 als Sekretär auf Dejima, einer künstlich angelegten Insel im Hafen von Nagasaki. Hier betreibt die Niederländischen Ostindien-Kompagnie (VOC) eine Handelsstation. Japan hat sich von der Außenwelt abgeschottet, selbst die Mitarbeiter der VOC dürfen nicht ohne weiteres ihren Fuß außerhalb der Insel setzen, es ist sogar verboten, die japanische Sprache zu erlernen. Jakob de Zoet laviert sich durch die alltäglichen Intrigen und Machtspiele auf der Insel in dem Versuch, seine Integrität zu bewahren. Dieser Teil des Buches nimmt zunächst einmal viel Raum ein. Jacob de Zoet verliebt sich in Orito, die Tochter eines Samurai. Sie ist Hebamme und lässt sich von dem Arzt Dr. Marinus ausbilden. Als Oritos Vater stirbt, verschwindet sie auf mysteriöse Weise, und hier beginnt eine ganz andere, spannende Geschichte um sehr dunkle Machenschaften in einem Kloster.

Als Historien- und Abenteuerroman hebt sich das Buch von den üblichen Historienschinken ab. Der Ort des Geschehens ist außergewöhnlich, David Mitchells Sprache ebenso. Er verwendet Bilder und Metaphern, die ein wenig gewöhnungsbedürftig sind. Lässt man sich auf seinen verkappt-ironischen Sprachstil ein, fesselt das Buch bis zum Schluss.

Die gesamte Handlung ist nicht stringent. Viele Personen erscheinen auf der Bildfläche, Jacob de Zoet, zu Beginn Protagonist des Romans, tritt später als Hauptakteur zurück, um viel später wieder aufzutauchen. Andere Akteure treten in den Vordergrund und werden zu Hauptfiguren. Das lässt einen als Leser manchmal verwundern, aber so hat David Mitchell seinen Roman nun einmal aufgebaut. Im richtigen Leben gibt es ja auch nicht immer nur einen Helden und Handelnden, und das Lesen des Romans fordert dadurch etwas heraus.

Ein sehr empfehlenswerter, kluger und packender Roman.